Populismuskritik: Unternehmenssteuern

Kürzlich kam ich an einem politischen Plakat vorbei, auf dem eine Mindeststeuer von 25 % auf Unternehmen europaweit gefordert wurde. In Hinblick auf die zunehmende Staatsverschuldung, die finanziell kostspieligen Herausforderungen der Zukunft und die immensen Gewinne großer Konzerne, eine attraktive Lösung? Oder vielleicht doch nur eine populistische Forderung und gar kontraproduktiv?

Zunächst einmal: Was sind Unternehmenssteuern? Denn Unternehmen zahlen mehr als nur eine Art Steuern. In diesem Fall geht es um Steuern auf den Gewinn eines Unternehmens. In Deutschland wäre das z.B. die Körperschaftssteuer. Kurz gesagt, die politische Forderung besteht darin, jedem Unternehmen in Europa ein Viertel des Gewinns als Steuer abzuziehen. So ein wenig wie beim Gehaltszettel, nur dass beim Unternehmen der Gewinn etwas komplizierter berechnet wird. Aber diese Details interessieren uns hier nicht.

Weiter: Was sind Unternehmen? Die Frage mag etwas banal erscheinen, aber es ist tatsächlich sehr wichtig, den Zweck eines Unternehmens klar zu betrachten. Wenn man alles wegnimmt und ein Unternehmen auf den absoluten Kern beschränkt, ist es nichts anderes als eine virtuelle Box, in die Menschen an einem Ende Geld hineintun und am anderen Ende (hoffentlich) mehr Geld herausholen. Das Wort drückt es schon aus, ein Unternehmen unternimmt etwas, mit dem Zwecke, das Geld der Eigentümer zu vermehren, über die Generierung von Einkommen (Gewinn). Ob das am Ende Brötchen fürs Dorf oder iPhones für die Welt sind, spielt keine Rolle.

Und als Letztes: Wer bekommt den Gewinn? Die Eigentümer. Und wer sind die Eigentümer? Menschen. Ob es der Bäcker mit dem eigenen Geschäft ist, die Gesellschafter einer mittleren GmbH, die Apple Aktionäre oder milliardenschwere Investmentfonds, welche das Geld von Kleinsparern und Großinvestoren verwalten, am Ende der Kette stehen immer Menschen, die ihr Erspartes in die «Unternehmen» genannte Box stecken, um am Ende Gewinne zu erhalten. Und mit dabei ist der finanziell bescheidene Lagerarbeiter, der vielleicht 50 € im Monat in einem Fonds spart, über die erfolgreiche Unternehmensanwältin, die schon ihren Ruhestand nebst Segelboot ab 50 plant, bis hin zu den superreichen Milliardären.

Dem Unternehmen als solchem ist die Steuer am Ende ziemlich egal. Was als Gewinn übrig bleibt wird versteuert, was danach übrig bleibt, geht an die Eigentümer oder bleibt im Unternehmen, um damit in zukünftige Gewinnerzielungsmöglichkeiten zu investieren («zu wachsen»). Und hier wird das Problem der Unternehmenssteuer deutlich. Die Steuer belastet das Unternehmen ja gar nicht. Werden die Gewinne komplett an die Eigentümer und Investoren ausgezahlt, bleibt für diese einfach ein Viertel weniger übrig. Würde der Gewinn im Unternehmen verbleiben, vermindert die Steuer den Betrag, welcher für zukünftige Gewinne (Investitionen) eingesetzt werden kann. Auch hier tragen letztlich die Eigentümer die Last der Steuer, denn das Unternehmen wächst langsamer und steigt weniger schnell im Wert. Und wie schon festgestellt wurde, Eigentümer sind am Ende immer Menschen. Vom Lagerarbeiter bis zu Bill Gates.

Dennoch sind Unternehmenssteuern eine populäre Maßnahme. Vielen Menschen ist gar nicht klar, wer die Steuerlast eigentlich trägt. Große Unternehmen (mit denen ja meist argumentiert wird) sind scheinbar anonyme Konstrukte, die über Unmengen an Gewinnen zu verfügen scheinen. Sind ja nur Konzerne, die das bezahlen müssen und die haben doch mehr als genug, oder? Dass wir alle durch das verzweigte Finanzsystem über Sparpläne, Fonds, Lebens- und Rentenversicherungen, Betriebsrenten usw. an den Gewinnen der Unternehmen beteiligt sind, das wird kaum gesehen.

Was wäre die Alternative? Fairerweise müssten die Steuern dort ansetzen, wo die Gewinne landen. Bei den Menschen, die davon profitieren. Aber Menschen mit höheren Steuern zu beglücken, ist politisch nicht unbedingt eine beliebte Maßnahme. Irgendwie ja auch verständlich. Es wäre aber zumindest ehrlich.

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